Tipps vom Röstmeister II

Kaffee-Interview mit Benjamin „Benson“ Pozsgai!

Teil II: Das Erfolgsrezept für ein eigenes Café, der Umgang mit Social Media und die Rohbohnenbeschaffung

Du bist sehr präsent auf Social Media – das ist sehr zeitaufwendig. Würdest Du sagen es gehört zum Erfolg dazu?

Das ist nicht bewusst passiert, ich habe da nicht so wirklich ein Konzept. Die meisten Sachen sind nicht wahnsinnig reflektiert, sondern machen mir einfach Spaß. Die Follower, die ich habe, kamen nicht über Nacht, sondern sind stetig gewachsen – und so fühlt es sich auch an. Ich habe da wenig gute Ratschläge, aber ich denke ich bin da authentisch, ich lasse es mir nicht mal nehmen auch mal Spaß und quatsch zu posten und mache es nach wie vor eben alles selbst. Ich muss gestehen, ich mache keine Analysen und wundere mich selbst, wo die Leute herkommen. Aber es ist für mich auch ein Mysterium und interessant zu sehen. Ich denke als zweifacher deutscher Meister landen viele mit ein bisschen Glück durch Google bei mir. Oder es klopft immer mal wieder der WDR an, oder vor kurzem das Crema Magazin, die einen Beitrag machen möchten. Das ist natürlich toll und spielt auch viel mit rein. Ich habe beispielsweise selbst keinen Fernseher zuhause und war selbst erschrocken, wie viele Leute während der Erstaustrahlung scheinbar an ihrem Rechner sitzen und parallel zur Sendung Kaffee bei mir bestellen. Das ist spannend und schön zu sehen. Und für mich natürlich viel angenehmer, als wenn ich frontal sagen muss: Kauft Kaffee bei mir! Ich vermittle viel mehr eine Geschichte, Know How und vielleicht einen Wert oder eine Meinung, die Leute bekommen dadurch einen Zugang zu mir. Das ist angenehmer und zugleich auch wieder authentisch. Und im Laden ist das ähnlich: Die Leute kommen rein, geben mir und dem Kaffee eine Chance und kommen dann eben auch wieder, weil sie den Kaffee lecker finden.

Gibt es neben der Authentizität noch eine weitere Gabe, die man zum Rösten braucht oder ist es Lernsache?

Das habe ich für mich noch nicht so wirklich reflektiert, aber ich denke da kommen schon ein paar Sachen zusammen. Aber das ist im Detail schwer zu erklären. Ich kann mich für Geschmack und Essen begeistern, erfreue mich an Details. Ich merke, ob jemand in Essen viel Liebe und Details reingesteckt hat oder eben nicht. Und bei Kaffee ist es vielleicht ganz oft ähnlich. Jeder wird wohl behaupten, seine Mutter kann gut backen. Und ich glaube, meine Mutter kann wirklich wahnsinnig gut backen. Ich bin also auch damit groß geworden, habe da einen hohen Anspruch. Ich habe das zwar nicht so bewusst wahrgenommen, aber wenn der Anspruch nicht hoch war, war ich enttäuscht und dachte mir es geht auch besser.

Gibt es eine Ausbildung, bzw. einen Abschluss, um sich selbst offiziell Röster zu nennen?

Das ist wohl so ein bisschen wie ein Fluch. Eigentlich kann sich jeder einen Kaffeeröster kaufen, ein Schild vor den Laden stellen und sich Kaffeeröster nennen. Es gibt da keine Ausbildung in dem Sinne und es sind auch nur relativ wenige Sachen definiert. Das macht es auch schwierig, sich mit Kollegen zu unterhalten. Unterschiedliche Röstmaschinen arbeiten anders und funktionieren anders. Man unterhält sich über helle und dunkle Röstung, dabei ist gar nicht geklärt was genau dunkel und was hell ist. Das ist zum Teil spannend, aber auch schwierig, weil Begriffe mit einer Selbstverständlichkeit benutzt werden, und man nicht weiß, wie andere den Ausdruck für sich definieren. Vor ein paar Jahren gab es mal die Überlegung, ob es eine Ausbildung geben soll, daraus ist aber leider nie etwas geworden. Aber: Es gibt eine gute Facebook Gruppe „Rösterforum“ (https://www.facebook.com/groups/265763907148016) Das ist ganz schön gewachsen und hier kann man sich bei Fragen gut durchklicken. Die Gruppe gibt bereitwillig Ratschläge und Tipps, obwohl sich viele gar nicht persönlich kennen. Man ist verbunden miteinander und sieht sich als Kollege.

Goldene Regel, was gibst Du jemanden mit auf den Weg, der Röster werden möchte?

Ich habe mich darüber gerade erst gestern mit einem guten und langjährigen Freund unterhalten. Eigentlich ist es witzig, weil mit allem was ich mache, könnte ich genauso gut zum Scheitern verurteilt sein. Wie gesagt: Ich habe kein Konzept, aber ich habe Spaß und mache, wo es mich hintreibt. Es gibt natürlich auch Erfolgskonzepte, die einen Masterplan vorsehen oder eine Marschroute – auch das kann funktionieren. Aber ich ticke da anders, mache mir keinen Stress. Wenn es um detaillierte Fragen ums Rösten geht, kann ich natürlich schon Tipps und Ratschläge geben. Aber ja, es gibt so viele Wege sich dem Rösten anzunähern. Manche kaufen sich eine Pocornmaschine, andere auf Ebay eine alte gusseiserne Pfanne von vor dem Krieg und stellen sie auf die Herdplatte. Andere investieren etwas mehr und kaufen sich einen kleinen Proberöster. Aber in der Röstbranche merkt man im Umkehrschluss: Die wenigsten werden Röster, weil die Eltern es so vorgeben. Die meisten sagen an einem Punkt im Leben: Da habe ich Lust drauf und fuchs mich rein, also alles Leute, die es freiwillig machen und mit Leidenschaft – und das merkt man. Es gibt die witzigsten Biografien, keiner geht in die Schule und macht anschließend eine Kaffeerösterausbildung. Aber genau deswegen versteht man sich mit fast allen Röstern auf Anhieb sehr gut. Gerade auf Veranstaltungen ist das auffällig, viel positive Energie und ein reger Austausch. Zum Glück gibt es keine Röstgeheimnisse oder Röstmythen vom Urgroßvater – das ist sehr veraltet.

Hast Du Tipps für den perfekten Standort eines Cafés oder der Rösterei?

Zum Café: Man hat den ganz großen Vorteil, wenn der Kaffee gut geröstet ist, duftet es herrlich. Wenn man dann beispielsweise noch frische Waffeln dazu macht, kann man fast nichts falsch machen und die Leute kommen durch den Duft von allein rein. Wenn man natürlich eine Lage hat, wo viele Leute vorbeikommen, umso besser! Wenn man sich nicht  grimmig hinter seiner Espressomaschine versteckt, sondern eben entspannt mit einem verschmitzten Lächeln im Gesicht im Laden steht, dann hat man schon vieles richtig gemacht. Wenn man dann noch ein Sortiment hat, wo man die unterschiedlichsten Leute mit den unterschiedlichsten Geschmäckern und Bedürfnissen abholen kann, das vernünftig kalkuliert ist, dann glaube ich hat man schon viel erreicht. Mich wundert es zum Beispiel, wie viele ältere Herrschaften bei mir in den Laden kommen, obwohl ich einen wilden Comic Gorilla als Logo draußen groß am Laden habe, der sich noch dazu eine Tasse Kaffee in den Rachen stürzt – ich finde es cool, dass das trotzdem funktioniert. Die merken einfach: Hier gibt es guten Kaffee, wir haben da Spaß dran, den wir eben auch vermitteln. Ich röste aber auch extern und gar nicht im Laden, und das tut dem Laden gut und das tut dem Rösten gut – denn ich brauche hier meine Ruhe. Aber das hängt natürlich auch von der Größenordnung und den Emissionswerten ab. In der Innenstadt oder im Wohngebiet musst du dir fürs Rösten einen Kamin bauen, das wird leider sehr individuell entschieden. Aber auch das ist interessant mitzuverfolgen, wie unterschiedlich innerhalb einer Landesgrenze Sachverhalte bewertet werden. Je nach Sachbearbeiter oder Bundesland. Es ist schwierig, aber hilft auch zu sehen: Andere haben es geschafft, also schaffe ich das auch. Zähne zusammenbeißen und am Ende wird es klappen!

Eine Letzte Frage: Wo bekommst Du Deine Rohbohnen her, hast Du Kontakt zu den Bauen, bzw. warst Du selbst schon dort?

Ich habe relativ viele Sorten aus Direktbezug. Beispielsweise auf Guatemala, aus Kenia oder Indien. Wenn man es herunterbricht, bin ich nur immer noch eine One-Man-Show und noch nicht an dem Punkt, dass ich Ernten vorfinanzieren kann, auch wenn ich das gerne würde, weil mir das wichtig ist. Aber ich behalte schon im Blick, wo der Kaffee herkommt und frage bei den Händlern nach, um ein bisschen zurück zurechnen, was dann am Ende beim Preis noch beim Bauern ankommt. Was auch witzig und absurd ist: In Kenia oder Costa Rica am Strand gibt es viel besseres Internet! Die haben keine deutschen Regeln, da stehen an jeder Ecke Sendemasten. Und natürlich haben die auch alle Handys, WhatsApp, können Fotos machen und sind erreichbar, bzw. suchen sogar den Kontakt und haben Interesse an uns. Auch da bin ich im Austausch und es ist schön, wenn man auch auf solchen Ebenen zusammenwächst. Als nächstes möchte ich selbst nach Guatemala reisen, das war für letztes Jahr schon geplant, wird aber mit Corona dann hoffentlich dieses Jahr funktionieren.

Vielen Dank für Deine Zeit! Wer mehr über Benjamin erfahren möchte, am besten auf seiner Homepage, Instagram oder Facebook stöbern, anschreiben oder am besten direkt in seinem Badass Cafe in Köln besuchen!